Livre | Chapitre
Stadtgeschichte und Kriminalsoziologie
pp. 357-385
Résumé
Seit die Kriminologie immer stärker in den Sog der Soziologie gerät und damit zurückkehrt an einen ihrer zentralen Ausgangspunkte1, wird sie auch von den wissenschaftstheoretischen und methodologischen Diskussionen erfaßt, die die Soziologie seit einigen Jahren in ihrem Selbstverständnis treffen. Dabei gerät die Kriminologie als eine der Praxis besonders zugewandte Disziplin in einen Legitimationsdruck besonderer Art. Noch bevor die Soziologie erneut dem generellen Verdacht einer Lebenslüge ausgesetzt wurde, sah sich die Kriminologie Vorwürfen gegenüber, die sie einer verkürzten theoretischen Perspektive ebenso wie mangelnder methodologischer Reflexion bezichtigten. Die unzureichende, unsoziologische theoretische Orientierung der wissenschaftlichen Analyse des Verbrechens wurde in der Tatsache gesehen, daß die Kriminologie es sich fast ausschließlich angelegen sein ließ, den kriminellen Täter in Loslösung von seinen sozialen Beziehungen in den Blick zu nehmen — ein Vorwurf, den Alfred Lindesmith und Yale Levin bereits 1937 formulierten 2 und der seither von einer Reihe von Autoren regelmäßig wiederholt worden ist, mit besonderem Nachdruck und unter Freilegung der »domain assumptions« (Alvin W. Gouldner) kriminologischer Infrastruktur durch David Matza in seinem preisgekrönten »Delinquency and Drift« (1964). Die methodologische Entwicklungs- bzw. Anwendungslücke in der Kriminologie hing eng mit der »klinischen« Orientierung zusammen und sicherte der Kriminologie nicht einmal handwerkliche Unangreifbarkeit, wie Travis Hirschi und Hanan C. Selvin detailliert bei der Analyse u. a. von Sheldon und Eleanor Gluecks Arbeiten nachwiesen 3.
Détails de la publication
Publié dans:
Ludz Peter C. (1972) Soziologie und Sozialgeschichte: Aspekte und Probleme. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.
Pages: 357-385
DOI: 10.1007/978-3-322-83551-2_15
Citation complète:
Sack Fritz, 1972, Stadtgeschichte und Kriminalsoziologie. In P. C. Ludz (Hrsg.) Soziologie und Sozialgeschichte (357-385). Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.