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Ergebnisse
pp. 460-465
Résumé
Sowohl Alasdair MacIntyre als auch Martha Nussbaum bezeichnen sich selbstbewußt als »Aristoteliker«. Das unterscheidet sie deutlich von allen anderen vorstehend behandelten Autoren, die zwar ihre philosophische Affinität zu dem Griechen keineswegs verstecken, vor einer entsprechenden Selbsttitulierung jedoch zurückstehen. Gewiß hat solche Zurückhaltung einen Grund im kontinentaleuropäischen Respekt vor der philosophischen Tradition, in die man sich nicht einfach von selbst einreiht. Im deutschen Kontext der Rehabilitierungsdebatte kommt noch hinzu, daß Habermas, Schnädelbach und andere für eine negative Belegung des Begriffs »Neoaristoteliker« gesorgt haben: Wer sich so nennt, bekennt sich gleichermaßen zu einem rückständigen Traditionalismus. Weder MacIntyre noch Nussbaum scheinen davon etwas zu ahnen. Für sie bedeutet die Berufung auf Aristoteles zu allererst eine Provokation der analytischen Philosophie, für welche es undenkbar wäre, innerhalb der Philosophiegeschichte einseitig Rückhalt zu suchen. Wiewohl beide vom argumentativen, systematischen Stil dieser angelsächsischen Richtung merklich geprägt sind, formulieren sie — zumindest im Frühwerk — hermeneutische Positionen. Nicht anders als ihre deutschen Kollegen von Heidegger bis Sternberger nehmen sie dafür die praktische Philosophie des Aristoteles zum Vorbild. Angesichts der vielen strukturellen Parallelen und der Wirkung, die nicht nur die deutschen Emigranten, sondern auch Gadamer in der neuen Welt erzielen konnten, würde man einen interkontinentalen Gedankenaustausch vermuten. Was Nussbaum angeht, finden sich dafür jedoch überhaupt keine Spuren. Von MacIntyre existiert immerhin eine längere Besprechung der englischen Ausgabe von Wahrheit und Methode.177
Détails de la publication
Publié dans:
Gutschker Thomas (2002) Aristotelische Diskurse: Aristoteles in der politischen Philosophie des 20. Jahrhunderts. Stuttgart, Metzler.
Pages: 460-465
DOI: 10.1007/978-3-476-05252-0_13
Citation complète:
Gutschker Thomas, 2002, Ergebnisse. In T. Gutschker Aristotelische Diskurse (460-465). Stuttgart, Metzler.